Die Diskussionen beim Forum „Internet der nächsten Generation“ (NGI) der Europäischen Kommission am 19. und 20. Juni 2025 in Brüssel haben die Weichen für die zukünftige Gestaltung eines offenen, inklusiven und vertrauenswürdigen digitalen Umfelds in Europa gestellt. Die wichtigste Veranstaltung der Europäischen Kommission zur Zukunft der Internettechnologien versammelte hochrangige EU-Bedienstete, Mitglieder des Europäischen Parlaments, innovative Köpfe, Forschende und interessierte Bürger, um gemeinsam die nächsten Schritte für ein Internet zu erörtern, das Europas digitale Souveränität stärkt und die Selbstbestimmung der Nutzenden fördert. Im Fokus standen dabei die Prinzipien von Offenheit, Vertrauen und Nachhaltigkeit.
Unter dem Leitthema „Aufbau eines Open Internet Stack für die digitale Souveränität Europas“ konzentrierte sich das NGI-Forum 2025 auf vier Kernbereiche: die digitale Souveränität und Autonomie Europas im Bereich digitaler Infrastrukturen, die Förderung von Open-Source- und Commons-basierten Modellen zur Stärkung von Gemeinschaften, die Gewährleistung von Datensicherheit und Vertrauen sowie die Entwicklung eines europäischen Open Web Index. Diese Themen bilden das Fundament für ein Internet, das den europäischen Werten entspricht und die Abhängigkeit von externen Akteuren reduziert. Die Initiative „Internet der nächsten Generation“ ist bereits seit 2018 aktiv und hat mit über 140 Millionen Euro Investitionen in mehr als 1.500 Projekte lebendige Open-Source-Ökosysteme in ganz Europa gefördert. Die Gespräche in Brüssel machten jedoch deutlich, dass der Fokus nun auf der Skalierbarkeit und Umsetzung dieser Innovationen liegen muss, um sie für Nutzende, Unternehmen und Behörden sicher und nachhaltig nutzbar zu machen.
Ein zentrales und wegweisendes Thema des NGI-Forums 2025 war die bevorstehende Einführung des Open Internet Stack (OIS). Der OIS ist konzipiert als eine Sammlung von Open-Source-Bausteinen, die grundlegende digitale Funktionen wie sichere Identitäten, umfassende Cybersicherheit, Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und die Entwicklung dezentraler Plattformen umfassen. Das Hauptziel des OIS ist es, eine einfache Implementierung in ganz Europa zu ermöglichen und damit die digitale Souveränität des Kontinents entscheidend zu stärken. Mit einer neuen Finanzierung durch Horizont Europa für das Jahr 2025, die 10 Millionen Euro für die OIS-Grundlagen und weitere 14,5 Millionen Euro für die Integration von Web 4.0 vorsieht, hat das Forum eine essenzielle Diskussion darüber angestoßen, wie erfolgreiche Open-Source-Innovationen in zuverlässige, validierte und regelkonforme Lösungen für den breiten Einsatz überführt werden können. Die europäische Digitalstrategie rückt damit die Entwicklung eigener, robuster digitaler Gemeingüter verstärkt in den Mittelpunkt, um eine Abhängigkeit von nicht-europäischen Plattformen zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit Europas langfristig zu sichern. Diese Initiative wird maßgeblich dazu beitragen, das Vertrauen, die Qualität und die Autonomie innerhalb der digitalen Infrastruktur der EU zu stärken und politische Entscheidungsträger, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Entwickelnde gleichermaßen zu befähigen.
Die Dringlichkeit von Investitionen in eine robuste digitale Infrastruktur wurde von den Vortragenden des Forums immer wieder betont. Thibaut Kleiner, Direktor für Netze der Zukunft bei der GD CONNECT der Europäischen Kommission, hob hervor: „Die Herausforderung besteht nicht in einem Mangel an Talent oder Kreativität, sondern vielmehr im Fehlen eines koordinierten Rahmens, um Open-Source-Gemeinschaften in nachhaltige, souveräne Lösungen umzuwandeln und die Lücke zwischen den europäischen Mitwirkenden an Gemeingütern und den Nutzenden digitaler Lösungen zu schließen.“
Alexandra Geese, Mitglied des Europäischen Parlaments (DE/Grüne/Freie Europäische Allianz), warnte eindringlich vor den Gefahren unregulierter digitaler Machtstrukturen: „Wir müssen das Machtbündnis zwischen US-Präsident Trump und den CEOs großer Technologieunternehmen verstehen und die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass es darauf abzielt, ein System der Überwachung und Manipulation der öffentlichen Meinung zu etablieren, das Hass gegenüber Solidarität und Angst gegenüber Hoffnung bevorzugt und Radikalisierung und Extremismus schürt. Ziel dieser Allianz ist es außerdem, Wissen zu kontrollieren und jegliche Regulierung digitaler Dienste zu verhindern. Wir müssen kämpfen und zurückschlagen, den Zugang zu Wissen bewahren und vor allem muss die EU ihre eigene digitale Infrastruktur aufbauen, um Demokratie, Freiheit und Souveränität zu bewahren.“ Ihre Ausführungen unterstrichen die geopolitische Dimension der digitalen Souveränität.
Dr. Monique Calisti, CEO von Martel Innovate und Direktorin des Next Generation Internet Outreach Office, reflektierte die Entwicklung der Initiative: „Seit dem ersten NGI-Forum in Barcelona im Jahr 2017 habe ich das außergewöhnliche Wachstum einer lebendigen Gemeinschaft von Forschenden und Innovativen erlebt, die sich für ein offenes, inklusives, vertrauenswürdiges und nachhaltiges Internet einsetzen. Diese Ausgabe 2025 stellt einen Wendepunkt für die Initiative für das Internet der nächsten Generation dar, die sich auf den Open Internet Stack zubewegt, der nicht nur einen technischen Rahmen darstellt, sondern den Weg zur technologischen Souveränität und strategischen Autonomie der EU weist.“ Diese Vision betont die transformative Kraft des OIS über technische Aspekte hinaus.
Renaud Chaput, CTO von Mastodon, unterstrich die praktische Relevanz der NGI-Initiative: „Von Open Source bis hin zur Sicherheit: NGI setzt sinnvolle Innovationen in die Praxis um. Wir freuen uns darauf, die Ergebnisse unserer Arbeit zu präsentieren und mit einem breiteren Publikum in Kontakt zu treten.“ Isabelle Zablit-Schmitz, internationale Expertin für digitale Gesundheit in der Kommunikation, ergänzte: „Bei der digitalen Souveränität in Europa geht es darum, die gesamte Wirtschaft zukunftssicher zu gestalten. Es steht nicht zur Diskussion. Das ist der einzig richtige Weg für die Zukunft.“ Michiel Leenaarts, Direktor für Strategie bei NLnet, erklärte: „In den vergangenen zehn Jahren hat NGI Europa den Weg zur digitalen Souveränität aufgezeigt: durch technologische Gemeingüter und eine Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft sowie dem privaten und öffentlichen Sektor. Diese ‚Koalition der Willigen‘ muss nun im nächsten Jahr vergrößert werden, um die Kontrolle über unsere digitale Gegenwart zurückzugewinnen und unsere demokratische Zukunft zu sichern.“ Denis Jaromil Roio, Gründer der Stiftung Dyne.org, hob hervor, dass die europäische Strategie zur Finanzierung von Technologie nicht „Hypes nachjagen“ sollte, sondern „nach dem Hype eingreifen, um jenen Unterstützung zu bieten, die an ihrem Plan festhalten und sich weiterhin als europäische Industrien auf dem Plateau der Produktivität in Stellung bringen.“
Die Next Generation Internet (NGI) Initiative der Europäischen Kommission verfolgt das ambitionierte Ziel, die Entwicklung und Evolution des Internets hin zu einem „Internet des Vertrauens“ zu lenken. Dieses Internet soll die Grundbedürfnisse der Menschen wie Vertrauen, Sicherheit und Inklusion in den Vordergrund stellen und gleichzeitig die Werte und Normen widerspiegeln, die für alle Menschen in Europa von Bedeutung sind. Nach einer anfänglichen Investition von über 250 Millionen Euro in die NGI-Forschung und -Innovation zwischen 2018 und 2020, die mehr als 1.000 Forschende und Innovative in Hunderten von Projekten unterstützte, hat die Europäische Kommission eine erneute EU-Finanzierung für NGI im Rahmen von Horizont Europa angekündigt. Diese fortlaufende Unterstützung unterstreicht die strategische Bedeutung der Initiative für die digitale Zukunft Europas. Die für die NGI-Gemeinschaft relevanten Aufforderungen von Horizont Europa sind innerhalb von Säule II, „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“, Cluster 4, „Digitalisierung, Industrie und Raumfahrt“ angesiedelt. Weitere Einblicke in die Arbeit der Europäischen Kommission zur Digitalisierung finden Sie auf der Webseite der Europäischen Kommission zum Next Generation Internet.
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